Bilder: Miriam Kuenzli, Entlastungsdienst Schweiz, 2023
Podcast zum Tag für pflegende und betreuende Angehörige 2023
«Das kleine Glück schätzen»
Ein Gespräch mit Marah Rikkli, Tobias Furrer und Daniela Lager
In der dritten Folge des Podcasts tauschen sich Marah Rikli, betreuende Angehörige und Tobias Furrer, Leiter der Fachstelle für Angehörigenberatung an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich mit der SRF-Moderatorin und Journalistin Daniela Lager über die Herausforderungen und Glücksmomente im Alltag von betreuenden Angehörigen aus.
Marah Rikli ist Mutter einer 9-jährigen Tochter mit einer Entwicklungsstörung, die rund um die Uhr Betreuung benötigt. Die Mutter findet zwar teilweise Entlastung im sozialen Umfeld und bei Fachpersonen, aber stösst dennoch immer wieder an ihre Grenzen. Die Betreuenden in den Beratungen von Tobias Furrer sprechen häufig von denselben Schwierigkeiten.
Ein Projekt der Gesundheitsförderung Kanton Zürich und den kantonalen Non-Profit-Organisationen Entlastungsdienst Schweiz, Pro Senectute, Alzheimer, Schweizerisches Rotes Kreuz, Spitex Verband und Pro Infirmis.
Tagung
"Gute Betreuung - wie sie wirkt, wem sie nützt"
Anlässlich des Tages für pflegende und betreuenden Angehörigen vom 30. Oktober 2023 haben sich über 150 Personen in der Paulus Akademie eingefunden, um über die Wirkung und den Nutzen von guter Betreuung im Alter zu sprechen.
Referate aus der Forschung, ein Plädoyer eines ehemaligen Stadtarztes und ein engagiertes Podium mit politischen und fachlichen Vertreterinnen und Vertretern beleuchteten Wirkungsaspekte aus verschiedenen Blickwinkeln. Regierungspräsident Mario Fehr dankte mit seinem Grusswort den betreuenden Angehörigen. Der Entlastungsdienst Schweiz und die Paul Schiller Stiftung, freuen sich über die klare Erkenntnis der gemeinsamen Tagung: Eine gute Betreuung muss künftig zum Service Public der Schweiz gehören.
Video: Rafael Rudin,Weissgrund AG / Paul Schiller Stiftung, 2023
Forschungseinblicke zeigen den hohen präventiven Wert einer guten Betreuung
Prof. Dr. Martin Hafen (HSLU Soziale Arbeit) zeigt zum Einstieg system- und präventionstheoretisch auf, wie Betreuung im Alter präventiv wirkt. Sie wirkt bei den psychosozialen Gesundheitsfaktoren und Betreuung kann Schutzfaktoren stärken und Risikofaktoren auffangen. Psychosoziale Faktoren sind in Prävention und Behandlung so bedeutsam wie die medizinischen. Eine verstärkte Einbindung sozialer Berufe in den Altersbereich ist daher unverzichtbar. Prof. Dr. Hafen betont, dass eine gute Alterspolitik in der Prävention immer deutlich wirksamer ist als jede noch so gute Plakatkampagne. Gute Betreuung muss Teil einer guten Alterspolitik sein. Das kostet etwas, aber das wirkt auch.
«Gute Betreuung muss Teil einer guten Alterspolitik sein. Das kostet etwas, aber das wirkt auch.»
Prof. Dr Martin Hafen, HSLU Soziale Arbeit
Dr. Rahel Strohmeier und Barbara Baumeister (ZHAW) geben Einblicke in ihre Auswertungen von Beschwerdekaten der unabhängigen Beschwerdestelle fürs Alter. Rund 60% der Beschwerden wurden von Angehörigen gemacht. Deshalb sind sie der Frage nachgegangen, wie die Zusammenarbeit mit Angehörigen bei stationären Altersinstitutionen heute gestaltet wird und wie sie noch verbessert werden könnte.
Dank von höchster Stelle
Regierungspräsident Mario Fehr macht noch einmal deutlich, warum es den Tag der betreuenden Angehörigen braucht. Er dankt all denen, die diese wichtige, aber auch anspruchsvolle Arbeit leisten. Und fordert die Betreuenden gleichzeitig auf, auch für Verbesserungen einzustehen und Forderungen zu formulieren. Der Kanton Zürich versucht mit verschiedenen kleineren Reformvorhaben die Situation für ältere Menschen und ihre Angehörigen zu verbessern.
«Betreuung durch Angehörige ist wichtig, weil sie den Menschen die Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht.
Herzlichen Dank an alle, die sie leisten.»
Mario Fehr, Regierungspräsident Kanton Zürich
Exklusive Studienergebnisse des Entlastungsdienstes
Ergänzend zu den fachlichen und theoretischen Inputs gewährte der Entlastungsdienst Schweiz Einblicke in die Praxis. Anhand von persönlichen Videobeiträgen aus dem Betreuungsalltag wurde die Wirkung von guter Betreuung ganz konkret sichtbar.
Videoporträt: das Ehepaar Amrein
Video: Philipp Eyer, coupdoeil / Entlastungsdienst Schweiz, 2023
Mit einer schriftlichen Befragung von Kundinnen und Kunden hat die Forschungsstelle SoToMo spannende Wirkungsdimensionen der vom Entlastungsdienst geleisteten in den psychosozialen Handlungsfelder der Betreuung aufzeigen können. Die positive präventive Wirkung konnte eindrücklich belegt werden. An der Tagung wurden erste Resultate von Projektleiter Elia Heer exklusiv präsentiert, die Detailresultate werden anfangs 2024 publiziert.
Videoporträt: Monika Persano
Video: Philipp Eyer, coupdoeil / Entlastungsdienst Schweiz, 2023
Engagiertes Plädoyer und angeregte Podiumsdebatte
PD Dr. Albert Wettstein war lange Zeit Stadtarzt in der Stadt Zürich, Präsident der unabhängigen Beschwerdestelle im Alter sowie Dozent am Institut für Gerontologie der Universität Zürich. Diese geballte Ladung an Erfahrung und Wissen bringt er in sein Plädoyer ein. Er startet mit einem Blick in die Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums OBSAN, das prognostiziert, dass bis 2040 mehr als 900 Heime gebaut werden müssten, wenn man die Unterstützung der älteren Menschen nicht anpasst. Er wirft auch einen Blick auf die hohen Neuroleptika-Verschreibungen bei älteren Personen in der Schweiz. Und zeichnet dann ein alternatives Bild: Statt unnötigen Heimen und Medikamenten sollten wir auf mehr soziale Betreuung setzen. Diese muss von Fachpersonen und Freiwilligen gemeinsam erbracht werden, für alle zugänglich sein und eigenständig gedacht werden –neben der Pflege und der (Haushalts-)Hilfe.
Das Plädoyer ist ein Steilpass für das anschliessende Podium. Albert Wettstein vertieft sein Votum unter der Moderation von Urs Leuthard zusammen mit Nationalrätin und ehemaligen Professorin für Sozialarbeit Katharina Prelicz-Huber, mit Karin Stadelmann, Kantonsrätin Luzern und Dozentin an der HSLU, mit Riccardo Pardini, Forschender im Bereich Betreuung im Alter an der Berner Fachhochschule sowie mit Stefanie Becker als Direktorin von Alzheimer Schweiz und mit Peter C. Meyer, ehem. Professor und Direktor des Departements Gesundheit an der ZHAW und heutiges Vorstandsmitglied des Vereins Zürcher Seniorinnen und Senioren.
Konklusion
Die Diskussion und die gesamte Tagung machen deutlich: Gute psychosoziale und fachlich abgestützte Betreuung im Alter muss ein Teil des Service public in der Schweiz werden – zugänglich, professionell, alltagsnah und für alle finanzierbar. Dafür setzen sich der Entlastungsdienst Schweiz und die Paul Schiller Stiftung auch in Zukunft ein!
«Betreuende Angehörige haben unseren grössten Dank und Respekt verdient. Aber Danke sagen alleine reicht nicht!
Es braucht Zugang zu bezahlbarer Entlastung.»
Erika Gerber, Präsidentin Entlastungsdienst Schweiz
Präsentationen (Referate)
Veranstalter
Der Entlastungsdienst Schweiz und die Paul Schiller Stiftung haben die Tagung gemeinsam veranstaltet.
Frühere Aktionen zum Tag für pflegende und betreuende Angehörige